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Der ahnungslose Bürger: Unnötige Kollateralschäden und Hilfen zur Resilienzsteigerung

 

In Zeiten zunehmender Großschadenslagen, wie etwa Extreme Überschwemmungen, Blackout, Sonnensturm oder Cyberattacke, ist es unerlässlich, die Resilienz der Bevölkerung und der kritischen Infrastrukturen (KRITIS) zu stärken. Uninformierte Bürger können erhebliche Kollateralschäden verursachen und das Funktionieren von KRITIS gefährden. Dieser Artikel beleuchtet die Folgen der Unwissenheit vor allem der KRITIS-Mitarbeiter und zeigt Maßnahmen zur Verbesserung der Resilienz auf.

 

Die Bedeutung der Energieversorgung

 

Energieversorgung ist die Lebensader moderner Gesellschaften. Ein Ausfall hat weitreichende Kaskadeneffekte auf andere KRITIS-Strukturen wie Wasser- und Lebensmittelversorgung, Kommunikation, Verkehr und Gesundheitswesen. Die Bedeutung der Energieversorgung wird oft unterschätzt, was zu gravierenden Fehleinschätzungen führt. Ein Beispiel dafür ist das Hochwasser an der Ahr im Jahr 2021, bei dem 182 Menschen starben. Gründe waren unter anderem Unwissenheit, mangelnde Vorsorge und Handlungsunfähigkeit der Betroffenen sowie das Versagen verantwortlicher Strukturen.

 

Unzureichender Bevölkerungsschutz

 

Die Strukturen des Bevölkerungsschutzes sind oft nicht auf Großschadenslagen ausgelegt. Zuständigkeiten zwischen Kommune, Kreis, Land und Bund sind häufig unklar und es wird um Kompetenzen gestritten. Der aktuelle Bevölkerungsschutz entbindet die Bevölkerung von Eigenverantwortung, schafft jedoch keine ausreichenden Kompetenzen für Krisenentscheidungen. Das BBK (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) befasst sich hauptsächlich mit räumlich begrenzten Gefahren und vernachlässigt die Risikobewertung von großflächigen Ereignissen wie Blackouts oder Sonnenstürmen.

 

Gefahren durch Sonnenstürme und Blackout

 

Ein G5-Sonnensturm hätte verheerende Auswirkungen auf elektronische Geräte und Systeme, einschließlich Fahrzeugcomputer, industrielle Maschinen und Kommunikationsinfrastruktur. Die Aktivitäten der Sonne sind zyklisch, und das Maximum des aktuellen Zyklus wird zwischen Januar und Oktober 2024 erwartet. Ein Sonnensturm könnte zu einem beispiellosen Zusammenbruch der modernen Gesellschaft führen, weil er die Stromversorgung lahmlegt.

 

Ein Blackout hingegen ist kein einfacher Stromausfall, sondern der Verlust der Kontrolle über das Stromnetz. Auslöser können menschliches oder technisches Versagen, Extremwetter, Sonnenstürme, Vulkanausbrüche, Terror oder Sabotage sein. Das europäische Stromnetz ist komplex und extrem verletzlich. Ein langandauernder Stromausfall hätte katastrophale Folgen, die einer nationalen Katastrophe gleichkämen.

 

Beispiele für Großschadenslagen

 

- Stromausfall in Nordamerika 2003: Betraf über 50 Millionen Menschen und führte zu Ausfällen in Verkehrssystemen, Wasserversorgung und Kommunikationsnetzen.

- Hurrikan Katrina 2005: Führte zu Stromausfällen, Unterbrechungen der Trinkwasserversorgung und des öffentlichen Verkehrs.

- Fukushima-Katastrophe 2011: Langanhaltender Stromausfall mit weitreichenden Auswirkungen auf öffentliche Gesundheit und Wirtschaft.

 

Kaskadeneffekte und Kollateralschäden

 

Ein Blackout führt spätestens nach 72 Stunden zum Ausfall anderer KRITIS-Infrastrukturen. Die mangelnde Vorbereitung und Aufklärung der Bevölkerung führen zu unnötigen Kollateralschäden. Viele Todesopfer könnten vermieden werden, wenn die Bevölkerung angemessen informiert und ausgebildet würde. Zudem wird momentan nur mit einer Dauer von 72 Stunden für Schadenslagen geplant, und es gibt keine Pläne für länger andauernde Großschadenslagen.

 

Notwendigkeit der frühzeitigen Information

 

Frühzeitige Information der Bevölkerung ist entscheidend, um Gefahrenbewusstsein zu schaffen, Panik zu vermeiden, Vorbereitung zu ermöglichen und eine effektive Reaktion zu unterstützen. Klarheit, Transparenz und Glaubwürdigkeit der Kommunikation sind hierbei essentiell.

 

Bevölkerungsbasierte Resilienzförderung

 

- Aufklärung und Schulung: Sensibilisierung der Bevölkerung und KRITIS-Mitarbeiter über die Ausmaße von Großschadenslagen und die Bedeutung der Vorbereitung.

- Entwicklung von Notfallplänen: Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Bevölkerung und Mitarbeiter in Krisenzeiten.

- Aufbau von Unterstützungsnetzwerken: Unterstützung der Mitarbeiter und ihrer Familien in Krisenzeiten.

 

Zusammenfassung

 

Der aktuelle Bevölkerungsschutz weist erhebliche Systemfehler auf. Wesentliche Großschadenslagen wie Blackout und Sonnensturm werden nicht ausreichend betrachtet. Eine extreme Abhängigkeit von Energie macht die Gesellschaft so verletzlich wie noch nie. Deshalb ist es wichtig, ein neues Problembewusstsein zu schaffen und Maßnahmen zur Resilienzsteigerung umzusetzen. Nur durch eine umfassende Aufklärung und Ausbildung der Menschen können unnötige Kollateralschäden minimiert und die Einsatzbereitschaft der KRITIS-Strukturen gewährleistet werden. Das Ignorieren dieser Tatsachen kann fatale Folgen haben und viele Menschenleben kosten.

 

 

Autor Robert Jungnischke, Präsident der CERT-Europe Association

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