In der heutigen Informationsflut sind Expertenmeinungen eine wichtige Quelle, um komplexe Themen verständlich und glaubwürdig zu vermitteln. Doch immer häufiger wird der Begriff "Experte" von den Medien inflationär und unkritisch verwendet. Dies führt zu einer zunehmenden Verwirrung und Skepsis in der Öffentlichkeit. Die zentrale Problematik dabei: Oftmals wird die Expertise der zitierten Personen nicht ausreichend überprüft oder nachgewiesen.
Die unkritische Zitation von Experten
Medien haben das Bedürfnis, ihre Berichterstattung durch Expertenmeinungen zu untermauern, um Glaubwürdigkeit zu schaffen. Doch in der Hektik des Nachrichtenzyklus und dem Wettbewerb um Aufmerksamkeit wird der Begriff "Experte" zunehmend leichtfertig verwendet. Personen werden als Experten präsentiert, ohne dass ihre tatsächlichen Qualifikationen und Erfahrungen gründlich geprüft werden.
In vielen Fällen reicht es, dass jemand über ein bestimmtes Thema spricht oder schreibt, um als Experte anerkannt zu werden. Dies kann dazu führen, dass selbsternannte Experten, die vielleicht nur oberflächliches Wissen oder persönliche Meinungen besitzen, eine Plattform erhalten. Der Mangel an strengen Überprüfungskriterien seitens der Medienhäuser verschärft dieses Problem.
Konsequenzen des unkritischen Expertenbegriffs
Der Missbrauch des Expertenbegriffs hat weitreichende negative Folgen:
1. Vertrauensverlust in die Medien: Wenn die Öffentlichkeit erkennt, dass sogenannte Experten oft unzureichend qualifiziert sind, sinkt das Vertrauen in die Medien und ihre Berichterstattung.
2. Verbreitung von Fehlinformationen: Unqualifizierte Experten können falsche oder irreführende Informationen verbreiten, was besonders in Bereichen wie Gesundheit, Wissenschaft und Wirtschaft gefährlich sein kann.
3. Verwirrung und Unsicherheit: Widersprüchliche Expertenmeinungen können zu Verwirrung und Unsicherheit führen, insbesondere wenn die Qualifikationen der Experten nicht transparent sind.
Beispiele und Auswirkungen
Ein anschauliches Beispiel für dieses Phänomen ist die COVID-19-Pandemie. In den Medien wurden zahlreiche Personen als Gesundheitsexperten vorgestellt, deren tatsächliche Qualifikationen oft fragwürdig waren. Dies führte zu einer Flut widersprüchlicher Informationen und trug zur Verunsicherung und Skepsis in der Bevölkerung bei.
Ähnlich verhält es sich in der Wirtschaft: Finanzberater und Analysten werden häufig als Experten zitiert, obwohl ihre Prognosen und Empfehlungen nicht immer auf fundierten Analysen beruhen. Dies kann fatale finanzielle Folgen für Einzelpersonen und Unternehmen haben, die auf solche Ratschläge vertrauen. Zudem wurde eine Sicherheit suggeriert, die es in der Wirklichkeit gar nicht geben kann.
Ein Aufruf zu mehr Sorgfalt und Transparenz
Um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen und die Qualität der Berichterstattung zu verbessern, müssen Medienhäuser strengere Standards bei der Auswahl und Überprüfung von Experten einführen. Es sollte klar kommuniziert werden, auf welchen Qualifikationen und Erfahrungen die Expertise der zitierten Personen beruht.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Medien transparent darüber informieren, wie sie Experten auswählen und welche Kriterien dabei angelegt werden. Dies würde nicht nur die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung erhöhen, sondern auch die öffentliche Diskussion fundierter und weniger anfällig für Fehlinformationen machen.
Schlussfolgerung
Der leichtfertige Gebrauch des Begriffs "Experte" durch die Medien hat das Vertrauen in tatsächliche Fachkompetenz untergraben. Es ist entscheidend, dass Medien sorgfältiger und verantwortungsbewusster mit der Auswahl ihrer Experten umgehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Öffentlichkeit fundierte und verlässliche Informationen erhält, auf die sie sich verlassen kann.
Robert Jungnischke, Präsident der CERT-Europe Association
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