· 

Am Abend des 22.05.24 kam es fast zu einem Blackout in Spanien - was war passiert?

Spanien am Rande eines Stromausfalls: Eine Lektion in Energiemanagement

 

Der Abend des 22.05.24 war eine der herausforderndsten Nächte für das spanische Stromnetz. Spanien stand am Rande eines landesweiten Stromausfalls, und nur durch schnelle und gezielte Maßnahmen konnte eine Katastrophe vermieden werden. Red Eléctrica, der Betreiber des spanischen Stromnetzes, musste drastische Maßnahmen ergreifen, um die Versorgung der Haushalte sicherzustellen. Doch was war passiert und wie konnte eine solche Situation entstehen?

 

Die Ursache der Krise

 

Mehrere Faktoren führten zu dieser kritischen Situation:

 

1. Geringere Windenergieproduktion: Eine unerwartet geringe Produktion von Windenergie führte zu einem Defizit von 1.800 MW. Windenergie ist eine wichtige erneuerbare Energiequelle, doch ihre Abhängigkeit von Wetterbedingungen macht sie unvorhersehbar.

   

2. Fehlende Wasserreserven: Wasserreserven, die normalerweise zur Stromerzeugung genutzt werden, waren nicht ausreichend vorhanden. Dies unterstreicht die Bedeutung von Wasserressourcen im Energiemix und die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wassermanagements.

 

3. Abschaltung von Kernkraftwerken: Zwei Kernkraftwerke wurden aufgrund des Preisverfalls auf dem Stromgroßhandelsmarkt aus dem System genommen. Kernenergie spielt nach wie vor eine zentrale Rolle in der Stromversorgung, und wirtschaftliche Faktoren können ihre Verfügbarkeit beeinflussen.

 

4. Ungeplante Abschaltung: Das Kernkraftwerk Ascó I in Tarragona meldete eine außerplanmäßige Abschaltung um 20:58 Uhr. Solche unerwarteten Ereignisse können das ohnehin angespannte Stromnetz weiter belasten.

Diese Kombination führte dazu, dass die verfügbare Tertiärenergie auf weniger als 1.000 MW sank, was nicht ausreichte, um den Ausfall eines Kernkraftwerks zu kompensieren. Die sofortige Reaktion von Red Eléctrica war entscheidend, um die Situation zu stabilisieren.

 

Die Rolle des Active Demand Response Systems (SRAD)

 

Um die Stromversorgung der Haushalte zu sichern, aktivierte Red Eléctrica das Active Demand Response System (SRAD). Dieses System ermöglicht es, die Stromversorgung der Großindustrie temporär zu unterbrechen, um das Gleichgewicht im Stromnetz zu erhalten. Um 21:14 Uhr wurden 609 MW abgeschaltet – die maximale Kapazität des SRAD.

Industrieunternehmen, die an diesem System teilnehmen, reduzierten ihren Verbrauch innerhalb weniger Minuten um bis zu 1.000 MW. Diese schnelle und koordinierte Reaktion verhinderte einen großflächigen Stromausfall und zeigte die Effektivität des SRAD in Krisensituationen.

 

Die Bedeutung von Flexibilität im Stromnetz

 

Der Vorfall unterstreicht die Notwendigkeit eines flexiblen Stromnetzes, das schnell auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren kann. Der SRAD ist ein wesentliches Instrument, um solche Flexibilität zu gewährleisten. Er ermöglicht es, kurzfristig Lasten zu reduzieren und somit die Stabilität des Stromnetzes zu wahren.

Pedro González, Generaldirektor des Verbands der Unternehmen mit hohem Energieverbrauch, lobte die reibungslose Funktion des SRAD-Systems. Die beteiligten Unternehmen erfüllten alle Anforderungen und demonstrierten so die Nützlichkeit und Zuverlässigkeit dieses Mechanismus.

 

Blick in die Zukunft

 

Spanien steht auch wegen der Bemühungen um den Ausbau erneuerbarer Energien vor großen Herausforderungen. Die geplanten Abschaltungen von 9.000 MW an Gas- und Dampfturbinenkraftwerken könnten das Land bis 2030 einem erheblichen Risiko von Stromausfällen aussetzen. Der Ausbau von Energiespeichern und die Integration erneuerbarer Energien müssen mit Augenmaß umgesetzt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

 

Red Eléctrica betont die Notwendigkeit, die Speicherquoten zu erhöhen und flexible Mechanismen wie den SRAD zu nutzen. Länder wie Frankreich, Portugal und das Vereinigte Königreich verfügen bereits über ähnliche Systeme, die Flexibilität im Stromnetz bieten.

 

Fazit

 

Die Ereignisse der letzten Nacht sind eine Erinnerung daran, wie fragil unser Stromnetz sein kann und wie wichtig flexible und schnelle Reaktionen sind. Dank der effizienten Nutzung des SRAD-Systems konnte Spanien einen Stromausfall verhindern und die Versorgungssicherheit gewährleisten.

 

Diese Erfahrung sollte als Weckruf dienen, um weiterhin in flexible Energiesysteme zu investieren und die Integration erneuerbarer Energien nur mit Vorsicht voranzutreiben. Immer weniger Netzstabilisierende Massen und immer mehr Zufallsstrom stellen unsere Stromnetze in Europa vor große Herausforderungen. Nur so können wir sicherstellen, dass unser Stromnetz auch in Zukunft stabil und zuverlässig bleibt.

 

Robert Jungnischke, CERT-Europe Association

 

PS: Wieder einmal ist es gut ausgegangen? Wann verlässt uns das Glück?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0